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Krippenvater Johann Seisl

Krippenvater Johann Seisl

Im letzten Beitrag wurde die Tradition des Ostergrabes in der Wörgler Pfarrkirche beschrieben und die Frage gestellt, wer nun dieser Johann Seisl war, dem 1923 die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde, nach dem in seiner Heimatgemeinde eine Straße benannt ist und dem das Volk den Beinamen „Krippenvater“ gegeben hat.

Unter dreizehn Kindern des Dallnbauern in der Wildschönauer Straße war „Hansei” - geboren am 22. Mai 1861 – der Zweitgeborene.

Von Jugend an hat er sich mit dem Krippenbau beschäftigt und durfte mit 17 Jahren für eine Woche zum bekannten „Pernlochner” in Thaur in die Schnitzlehre gehen.

Mit 20 Jahren musste er für drei Jahre bei den Kaiserjägern u.a. in Wien dienen. Nach Abschluss seiner Gärtnerlehre war der technisch interessierte junge Mann nach einer kurzen Ausbildung bei Siemens in Wien einige Jahre Betriebsleiter des 1898 neu errichteten und noch heute in Betrieb befindlichen Elektrizitätswerkes des Gemeindevorstehers Josef Steinbacher im Müllnertal.

Bereits in jungen Jahren war der Dalln-Hansei Gründungsmitglied der Feuerwehr und schließlich auch im Gemeindeausschuss für die Allgemeinheit tätig.

Mit dem Sturz von einem Leitungsmast war zwar die „elektrische Periode” zu Ende, das erworbene Wissen kam ihm aber bei den Beleuchtungseffekten für seine Krippen und das Ostergrab sehr zugute.

Gegenüber seinem Elternhaus ließ ihm sein Vater im Jahre 1896 ein Häuschen bauen mit ausreichend Grund für eine Gärtnerei. Hier richtete sich Hansei für sein Junggesellenleben ein. Bereits drei Jahre zuvor erbaute sein Vater auf demselben Grundstück die Dalln-Kapelle, die Johann später als „Lourdeskapelle” ausgestaltete. Diese Kapelle musste einem Wohnhausbau weichen und wird derzeit an anderer Stelle in der Nähe des alten Standortes neu aufgebaut.

Nach dem Unfall widmete er sich ganz dem Krippenbau. Seine erste Pilgerfahrt ins Heilige Land 1901 und die folgenden Reisen nach Jerusalem waren ausschlaggebend dafür, dass er, obwohl Tiroler vom alten Schlag, seine Krippen ausschließlich im orientalischen Stil baute.

Als bleibende Zeugen seines Schaffens dienen nicht nur unzählige Krippen, sondern für uns Wörgler in ganz besonderer Weise der von ihm gemeinsam mit Pfarrer Riedelsperger entworfene einzigartige Waldfriedhof, der 1925 eingeweiht wurde. Für diese und zahlreiche andere Leistungen im kirchlichen Bereich wurde ihm 1930 die hohe päpstliche Auszeichnung „Pro Ecclesia et Pontifice“ verliehen. 

Johann Seisl starb am 30. Mai 1933 nach einem von Glauben und unerschöpflicher Schaffenskraft erfüllten Leben. Er ruht in der Gruft unter der von ihm geplanten idyllischen Friedhofskapelle im Waldfriedhof – neben seinem Freund Matthias Riedelsperger, der von 1917 bis 1953 Pfarrer in Wörgl war.

Hans Bramböck schreibt in der Sonntagspost vom 24. Dezember 1961: „So kann man wohl sagen: Krippenvater Seisl war ein Künstler von gottbegnadeter Volkstümlichkeit. Seine unsterblichen Werke werden die Erinnerung an ihn für alle Zukunft wachhalten.“

Abschließend möchte ich mich noch bei Hans-Peter Gruber von den Wörgler Krippelern bedanken, der mir mit Unterlagen und Informationen zu Johann Seisl sehr geholfen hat.

 

Fotos: Stadtarchiv
Kontakt: Stadtchronist Toni Scharnagl, chronist@stadt.woergl.at 

Veröffentlicht: 25.04.2024